Käse mit zu vielen Löchern

18 Tage vor der Bundestagswahl flattert mir eine Mail von open.Petition ins Haus, die meine Unterstützung für die Einführung eines Vetorechts gegen Bundesgesetze er­heischt: Wähler sollen mit einem Veto verlangen können, dass Gesetze des Bundes­tags durch einen Volksentscheid bestätigt werden müssen. Das heißt, ein Gesetz tritt nur dann in Kraft, wenn es die notwendige Zustimmung in einem Volks­ent­scheid erhält. Damit es zu einem Veto kommt, müssen innerhalb von 100 Tagen bloß 500.000 gültige Unterschriften von den ca. 60 Millionen Wahlberechtigten gesammelt werden. Das sei „der Schlüssel für eine konstruktive, kooperative und befriedende Gesetz­ge­bung”, wie uns die Schweiz lehre. Behaupten jedenfalls die Initiatoren dieses Stusses.

Konstruktiv? Das wäre wohl eher der Türöffner für all die Zankhanseln, Ahnungs­lo­sen, Stammtischschwadroneure, Recht(s)haber, Scheuklappenträger und Facebook-Krakeeler in diesem Land. Weiters würde ein solches Vetorecht die ohnedies schon extrem langatmigen Entscheidungsprozesse noch stärker verlangsamen. Und das Quorum von lediglich 8,3 % lässt eher die Einführung einer Meckerokratie (Herrschaft der Unzufriedenen) als eine Verbesserung demokratischer Prozesse befürchten. Außerdem bin ich kein Schweizer und möchte das auch nie werden. Unter anderem deshalb, weil deren Form der direkten Demokratie dem Populismus und individuellen Interessen bzw. Egoismen Tür und Tor öffnet – und wohin das führen kann, erleben wir in immer mehr Staaten der Erde.
Auch unsere repräsentative Demokratie ist davon nicht völlig frei, wenn ich alleine an so manches St.-Florians-Bürgerbegehren auf Landes- oder kommunaler Ebene denke. Aber ich halte sie dennoch für das bestmögliche politische System. Das sollte man stärken, statt es zu durchlöchern. Insofern freue ich mich schon auf das Scheitern dieser Allmachtsträumerei.