Nur selten fällt ein (Bürger-)Meister vom Himmel, sagt das Sprichwort. In Wedel war das im Frühjahr 2022 der Fall, als Gernot Kaser sich in der Stichwahl gegen den Amtsinhaber durchsetzte. Jener hatte ignoriert, dass es nach seinen 18 Jahren eine breite Wechselstimmung in der Bevölkerung gab, die ihm sogar einen unbekannten Österreicher vorzog, getreu dem Motto Tu, felix Austria, nube. Und weil auch die anderen Bewerber eher vernachlässigbare Größen waren, gewann eben der am wenigsten ungeeignet erscheinende Kandidat.
Aber felix Austria? Pustekuchen. Glücklich wurde die Stadt mit ihm nicht. Schnell wurde deutlich: Der Neue kann praktisch nichts, lernt auch nichts dazu, ist dafür aber maßlos von sich selbst überzeugt. Ein Einzeldarsteller, kein Teamplayer – den aber bräuchte es auf dem Chefsessel einer 35.000-Einwohner-Stadt. Die bekam stattdessen einen Kaserschmarrn (ohne -i-) und beratungsresistenten Almdudler, der zudem seine frühere Bedeutung und seine vorgeblichen Positionen in der freien Wirtschaft ganz schön aufgehübscht hatte. Nun, eindreiviertel Jahre später, ist die Stadtverwaltung ein Trümmerhaufen („Schutt und Asche”), einige Fachleute hat der Bürgermeister bereits weggemobbt, sein Verhältnis zur Politik ist unkittbar zerrüttet, inhaltlich geht kaum etwas voran. Termine, bei denen er die Stadt repräsentieren müsste, schwänzt er häufig, auch für Journalisten ist er selten ansprechbar – entweder ist er gerade krank oder im Urlaub – und beschimpft sie stattdessen via soziale Medien. Ich selbst hatte mir schon vor zehn Monaten von der Kommunalaufsicht bestätigen lassen, dass Kaser die Informationsrechte der Ratsmitglieder missachtet. Statt sich auf die Kompetenz seiner Mitarbeiter zu stützen, lässt er sich regelmäßig von zwei Bekannten beraten; es wäre auch für das Rechnungsprüfungsamt von Interesse, ob er diese aus privaten Mitteln oder aus dem öffentlichen Haushalt bezahlt.
Allerdings ist er beim durchschnittlichen Wähler nach meinem punktuellen Eindruck durchaus noch beliebt, jedenfalls solange dieser sich nicht weiter für die konkreten Vorgänge im Rathaus interessiert. Somit ist auch unsicher, ob ein Abwahlverfahren, das der Rat einleiten müsste, von Erfolg gekrönt wäre. Selbst zurücktreten wird er wohl nicht; er ist zwar nicht mehr jung, aber offenbar braucht er das Geld (monatlich 9.700 Euro und die Hoffnung auf eine Pension). Dabei ist „Kaser Grande” – so nannte er sich tatsächlich in einer seiner privaten Mailaddys, und ich mag bekanntlich Wortspiele – für seine Mitarbeiter eher ein Lügenbaron als ein Großfürst.
Irgendwie passt der Bürger(meister)lehrling ja auch gar nicht so schlecht zu Wedel, das sich als weltoffene „Stadt mit frischem Wind” bezeichnet: Gernot Kaser, der an der Waterkant mit dem Wahlslogan „Kaser klare Kante” angetreten war, hat sich hinsichtlich fachlicher Fähigkeiten als Heißluftballon, bezüglich seiner Kenntnisse der Gemeindeordnung als Windbeutel und in seinen Personalführungsqualitäten als absolute Flaute herausgestellt. Auch ist Klartext wahrlich nicht sein Ding. Schuld haben für ihn stets die anderen, bei den (wenigen) positiven Entwicklungen schmückt er sich dafür gerne mit fremden Federn und wenn er mal glänzt, dann häufig durch Abwesenheit.
Das immerhin sind Eigenschaften, die nicht jeder in so ein Amt mitbringt.
P.S.: Wenige Tage nach Erstellung dieses Beitrags hat das Innenministerium ein förmliches Disziplinarverfahren gegen den Rathauschef eingeleitet. Es bestehe der Verdacht, dass er gegen seine Pflichten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gegenüber Mitarbeitern sowie zu gewissenhafter Amtsführung verstoßen habe. Die Schlinge zieht sich weiter zu, zumal am Gründonnerstag 2024 der Stadtrat mit 38:1 Stimmen die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens beschlossen hat.